Am Freitag, 17. September fand die Veranstaltung „Die Kuh ist kein Klima-Killer“ der Grünen Willisau statt. Nach einem spannenden Referat von Anita Idel und Inputs von Vivianne Peter, Max Eichenberger und Dieter von Muralt diskutierten die Anwesenden die verschiedenen Aspekte der Weidetierhaltung.

Der Abend wurde eröffnet von Zora Walthert und Kevin Schmidli, dem neuen Co-Präsidium der Grünen Willisau. Unter den zahlreichen Anwesenden befanden sich viele, die mit der Landwirtschaft eng verbunden sind. Anita Idel, Tierärztin und Mediatorin aus Deutschland führte sehr bildhaft in die Thematik nachhaltiger Weidetierhaltung und deren Potenzial für die Bodenbildung und die Speicherung von Kohlenstoff ein. Anita Idel wirkte unter anderem als Leadautorin des UN-Weltagrarberichts und hat sich einen Namen gemacht durch ihr Buch „Die Kuh ist kein Klima-Killer!“ Darin erläutert sie, warum Kühe, obwohl sie Methan rülpsen, dennoch unverzichtbar sind für die Welternährung und die Artenvielfalt und „nebenbei“ das Klima schützen.
Die noch heute fruchtbarsten „Kornkammern“ der Welt sind alle ehemalige Steppenböden – entstanden in Jahrtausende langer Koevolution von Grasland und Weidetieren. In nachhaltiger Weidehaltung fördern Kühe die Entstehung von Humus. Dieser erhöht die Bodenfruchtbarkeit, die Wasserspeicherfähigkeit und entlastet gleichzeitig das Klima: Jede zusätzliche Tonne Humus entzieht der Atmosphäre mehr als 1,8 Tonnen CO2. Wenig bekannt ist, dass die Böden unter dem weltweiten Grasland insgesamt 50 Prozent mehr Kohlenstoff speichern als die Waldböden. Stattdessen züchten wir Hochleistungstiere, die immer weniger auf die Weide kommen und machen sie mit Kraftfutter vom Acker zu Nahrungskonkurrenten. Das wirkt sich negativ auf die Humusschicht in den Böden aus und der gebundene Kohlenstoff wird wieder als CO2 in die Atmosphäre abgegeben.

Anita Idel fordert: „Die Potenziale nachhaltiger Beweidung müssen in den Fokus von Forschung und Praxis. Es geht um die Zukunft der Ernährung – und damit auch darum, der Klimakrise biologisch entgegenzuwirken.“ Im Anschluss erläuterte die Klimastreikaktivistin Vivienne Peter ihre Position. Sie setzen sich dafür ein, weniger Fleisch und tierische Produkte zu konsumieren und das auf einer systemischen Ebene durchzusetzen. Wichtig ist dabei zumindest auf regionale Produkte zu setzten und den Einsatz von Pestiziden und Transportwegen zu minimieren, welche unter anderem beim Einsatz von Kraftfutter entstehen.
Dieter von Muralt, Lehrer und Berater am BBZN Schüpfheim zeigt auf, dass auch die intensive Gemüseproduktion, wie zum Beispiel im Seeland, dazu führt, dass Böden abgebaut und CO2 freigesetzt wird. Damit ist die Frage weniger, was auf dem Kulturland angebaut wird, als viel mehr,wie die Böden genutzt werden. Somit kann nicht einfach gesagt werden, dass die Nutzung von Weidetieren und der Konsum ihrer Produkte falsch ist, sondern es kommt darauf an, wie die Haltung der Tiere und Bewirtschaftung des Kulturlandes gemacht wird.
Max Eichenberger
, dipl. Naturwissenschaftler ETH und Stiftungsrat des Schweizerischen Agrarmuseums Burgrain, plädiert dafür, auch bei den Kühen den Gedanken von Paracelsus anzuwenden: „Die Dosis macht es aus.“ In dem Sinne setzt er sich dafür ein, dass die Zahl der Tiere pro Fläche reduziert wird und extensivere Weidefläche noch gezielter gefördert und die Biodiversität dadurch vergrössert werden.
In der anschliessenden angeregten Diskussion mit dem Publikum und den Expertinnen und Experten wurde sichtbar, dass die Böden und deren nachhaltige Nutzung eine zentrale Rolle spielen beim Umgang mit dem Klimakrise, damit auch unsere Nachkommen noch gute Böden haben. Dabei muss das gesamte ökologische System, aber auch das ökonomische und soziale System einbezogen werden.